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© NELE STRÖBEL

kreuzungen 2010

framframes und cutoutscutouts

isphahanzeichnungen

Kreuzungen
Innen und Außen, Bewegung und Wege, Licht und Schatten, Materialität und freier Raum – die Münchner
Bildhauerin Nele Ströbel beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit dem erlebten Raum, den
Bedingungen für Architektur und ihre Wahrnehmung durch den Menschen.
Hochkomplexe Beziehungsgefüge, aus deren phänomenologisch-künstlerischer Untersuchung bei Ströbel
Objekte hervorgehen, die wie standbildhafte Ausschnitte aus diesem Erkundungsweg einzelne Stationen
der Erforschung konkretisieren, ausleuchten und weiterführen.
Die neuen Terrakotten und Papierarbeiten, die Nele Ströbel nun
in ihrer aktuellen Werkschau zeigt, sind aus der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema
„Kreuzungen“ entstanden.
Der Begriff Kreuzung ist, das Zwiefache wohnt ihm a priori inne, sprachlich zweideutig. Eine Kreuzung kann
die Überschneidung von (Verkehrs-)Wegen bedeuten, oder den genetischen Vorgang benennen, der aus
unterschiedlichen Pflanzenarten und -sorten bzw. Tierrassen neue entstehen lässt. Kreuzungen haben hier
wie dort mit Begegnung, Entscheidung und Neuausrichtung zu tun – sind räumliche oder zeitliche Orte der
Kommunikation, Reflexion und Kreation.
Mit den „Frames“, wie Nele Ströbel ihre als Wandobjekte konzipierten Terrakotta-Boxen nennt, wird die
vertraute Bildgröße von Computer-Screens zum dreidimensionalen Bildraum, umgesetzt im uralten, digitalnichtmaterieller
Kreation widersprechenden, analogen Material Ton. Sie enthalten mehr oder weniger
verschlungene Bänder, die als komplexe Wegesysteme die Tiefe des ihnen zur Verfügung stehenden
Raums durchdringen und ausloten, teils hinter gitterartig durchbrochenen Fronten. In der Reihung werden
die Frames zu Bestandteilen von Storyboards der Erkundung dynamischer Raum-Genese.
Gegenständlich-bildhafter setzt sich Ströbel in ihren großformatigen Papierarbeiten mit architektonischräumlichen
Erfahrungen auseinander. Die Zweidimensionalität der Gebäudeskizzen wird gesprengt, mit
dem Skalpell um die ganz faktische Wechselwirkung von Licht und Schatten erweitert. Cut-Outs im
schwarzen Tonpapier verdeutlichen Formen und Umrisse als Silhouetten oder lösen sie in Gitterstrukturen
auf. Dieses Spannungsfeld zwischen Öffnung und Geschlossenheit, Verbergen und Einblick, Trennen und
Verbinden ist es, mit dem die Künstlerin sich auch in ihren mit Neonnachleuchtfarbe bearbeiteten
Zeichnungen von Gitter- und Flechtstrukturen intensiv beschäftigt.
Die geschichts- und bezugsreichen Materialien Ton und Papier gehören zu den bevorzugten Werkstoffen
Nele Ströbels. In der konkreten Ausformung und Präsentation ihrer Objekte jedoch wird insbesondere das
immaterielle Licht zum wichtigen korrespondierenden und in jeder Hinsicht erhellenden „Material“ ihrer
spannenden Welt- und Formerkundungen.

Dagmar Schott